Gesellschaftliche Bedeutung in Japan und der westlichen Welt

Gesellschaftliche Bedeutung in Japan

Eine sehr lange Tradition haben Tätowierungen (jap. Irezumi) in Japan. Die Anfänge der Tätowierung in Japan liegen vermutlich bei den Ainu. Zu Beginn der Edo-Zeit (1603–1868) waren Tätowierungen unter anderem bei Prostituierten und Arbeitern sehr beliebt. Ab 1720 wurde die Tätowierung als eine Art Brandmarkung für Kriminelle eingesetzt, weshalb sich „anständige“ Japaner nicht mehr tätowieren ließen. Wer als Krimineller gezeichnet war, konnte sich nicht mehr in die Gesellschaft eingliedern, was zur Bildung einer eigenen Schicht führte: den Yakuza. Unter der Meijiregierung wurde 1870 diese Praxis abgeschafft und Tätowierungen komplett verboten, was erst 1948 aufgehoben wurde.

Obwohl stilistisch sehr einheitlich, gibt es eine große Vielfalt an Motiven, die oft der Mythologie entnommen sind, wie Drachen oder Dämonen, die häufig aus Sagen stammen und eine ganze Geschichte erzählen. Oder es gibt Symbole wie Kirschblüten (Schönheit und Freude, aber auch Vergänglichkeit) und Kois (Erfolg, Stärke und Glück). Ein Stil mit blutigen und grausigen abgehackten Köpfen entwickelte sich, als gegen Ende des 19. Jahrhunderts Gruselgeschichten in Japan äußerst populär wurden. Eine japanische Sitte ist es, sich zeitlebens von einem einzigen Künstler tätowieren zu lassen; oftmals entstehen daraus über Jahre hinweg großflächige Gemälde auf dem ganzen Körper, die schließlich vom Künstler signiert werden.

Tätowierungen sind in Japan noch immer stigmatisiert und werden oft als Verstrickung ins kriminelle Milieu interpretiert. Sie sind noch immer ein wichtiger Bestandteil der Yakuza-Kultur (vor allem die den kompletten Torso einnehmenden, sogenannten Bodysuits). In manchen öffentlichen Bädern wird Menschen mit großflächigen Tätowierungen der Eintritt verweigert. Aber ebenso wie im Westen werden Tätowierungen gerade bei jungen Japanern immer beliebter und dadurch einer breiteren Gesellschaftsschicht vertraut. Heutzutage gibt es in Japan viele weltweit bekannte Tätowierer (zum Beispiel Horiyoshi III), die ihr Können an ihre Schüler weitergeben. Andererseits geht durch die Tatsache, dass die Yakuza mittlerweile verboten ist, die Verbreitung von Tätowierungen unter Gangmitgliedern zurück, da diese keine Aufmerksamkeit wecken wollen. Somit löst sich in Japan die Verbindung zwischen Kriminalität und Tätowierung.

In letzter Zeit erfreuen sich auch in westlichen Kulturen Tätowierungen im japanischen Stil wachsender Beliebtheit.

Gesellschaftliche Bedeutung in der westlichen Welt

Tätowierungen hatten ursprünglich im Westen das Stigma des Matrosen oder Sträflings, erfreuen sich aber spätestens seit den 1990er Jahren größerer Beliebtheit. Was vorwiegend als Ausdruck einer Jugendkultur, die auch Piercing und Branding beinhaltet, begann, ist heute in breiten Gesellschaftsschichten vorzufinden.

Kinder nutzen Klebebilder, die sich leicht wieder entfernen lassen, aber unter dem Begriff Tattoo oder Tätowierung firmieren. Analog dazu finden sich auch sogenannte Hennatätowierungen, die nicht in die Haut gestochen sondern aufgemalt werden. Hier wird nur die Hornschicht der Oberhaut eingefärbt. Da diese verhornten Zellen kontinuierlich abschuppen, verschwindet die vorgebliche Tätowierung nach einigen Wochen.

Diese Entwicklung zeigt die Annäherung des Tätowierens an den Mainstream, ermöglicht sie doch eine Tätowierung als Modeaccessoire. Auch die Bio-Tätowierung verschwindet angeblich nach einigen Jahren von selbst, weil nicht so tief gestochen wird. In Wirklichkeit geschieht das aber nur sehr selten, wenn überhaupt, da es quasi unmöglich ist, so genau zu arbeiten, dass weder zu flach (die Tätowierung verschwindet schon während der Heilung) noch zu tief (die Tätowierung bleibt) gestochen wird. Mindestens Teile oder ein Schatten der Tätowierung bleiben zumeist erhalten. Daher wird von seriösen Tätowierern davor gewarnt. Das OLG Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine Tätowiererin zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt, weil sie der Kundin zugesichert hatte, das Bio-Tattoo würde nach 3-7 Jahren verschwinden - was nicht geschah. 

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